Montag, 31. März 2014

Was bleibt nach all dem Streit um Limburg?

Als Münsteraner Domkapitular 2007
Mit keinem Thema habe ich mich in diesem Blog häufiger auseinandergesetzt als mit dem Konflikt rund um den Limbuger Bischof Franz Peter Tebartz - van Elst. Daher liegt es nahe, das Thema abschließend (?) noch einmal aufzugreifen. Der vom Papst inzwischen angenommene Rücktritt und seine Folgen; einige Begleitumstände wie die Veröffentlichung des Prüfberichtes, die Veröffentlichung der Entgegnung des Bischofs, seine Entschuldigung und der angeblich neu bestellte Dienstwagen beschäftigt die Menschen und Medien nun wohl noch einige Tage lang. 
Man darf auch gespannt sein, was der Bischof ohne Bistum in Zukunft mit seinem Leben und seinen Fähigkeiten wohl anfangen wird. Die Diskutanten an allen Fronten bescheinigen ihm ja einhellig eine inspirierende Theologie, Wissen und Kenntnis, Intelligenz...

Enttäuscht sind angesichts des doch sehr eindeutigen Prüfberichtes inzwischen auch viele Christen, die dem Bischof lange die Stange gehalten haben. Mancher nachdenkliche Text in diesen Tagen zeugt davon. Die Angelegenheit hat die katholische Welt nachhaltig erschüttert. 
Während Erzbischof Gänswein – wohl aufgrund frühzeitiger Einsichten in den Prüfbericht noch rechtzeitig zurückhaltend wurde - steht Kardinal Müller nun doch etwas “begossen” da. Und mit ihm noch einige Kommentatoren, die auch heute noch den bösen Medien die Schuld an allem geben. 

Ich habe mich in den letzten Tagen mal an die Relectüre meiner Blogbeiträge gemacht. Kann das, was ich vor Monaten schrieb - mit dem heutigen Wissen – alles noch stehen bleiben?

Im ersten Beitrag vom 5. September 2013 hatte ich schon angefragt, ob die kirchenpolitische Verzweckung des Konfliktes angesichts der Theologie des Bischofs wohl wirklich stimmt. Die Frage beschäftigt mich nach wie vor und ich glaube, viele haben es sich mit der Antwort zu leicht gemacht. Was spricht eigentlich belastbar dafür, dass das Prädikat "Rom-" und "Papsttreu" auf Tebarzt – van Elst stärker zutrifft als auf den Durchschnitt der deutschen Bischöfe? Ich möchte ihm diese “Prädikate” gar nicht absprechen. Aber in den Diskussionen z.B. auf Facebook haben kundige Leute dieser Tage zum Beispiel auch darauf hingewiesen, dass Prof. Vorgrimler Bischof Tebartz van Elst in seinen Lebenserinnerungen als Hoffnungsträger der Liberalen eingeschätzt hat (o.k., das ist jetzt eine Weile her). In seiner Zeit als theologischer Lehrer (und Domvikar) im Umfeld des Münsteraner Doms galt er keinesfalls als konservativ. Hat sich in all den Diskussionen eigentlich einmal jemand wirklich mit seinen Texten und seiner Theologie auseinandergesetzt? Oder ist er eigentlich eher unbeabsichtigt zur Galionsfigur eines kirchenpolitischen Streits geworden, der ihn auf den "konservativen" Schild gehoben hat? Augenscheinlich hat er sich auch nicht ungern auf den Schild heben lassen. Mir scheint, manchmal genügen eher symbolische “Handlungen” und Signale dafür aus. 

Auf die – provozierende – Segnung einer homosexuellen Partnerschaft, die am Anfang mancher Auseinandersetzungen stand, hätte wohl auch Bischof Kamphaus reagiert, reagieren müssen. Handwerklich und menschlich möglicherweise anders, inhaltlich wohl kaum. Die Leute, die das damals inszeniert haben sollten sich selbstkritisch fragen, ob sie den Bischof damit nicht auf einen für das Bistum (und letztlich auch ihre Anliegen) unheilvollen Weg geschickt haben. Berichtet wurde ja auch von der Auseinandersetzung mit einem Pfarrer, weil dieser das Gebet für den Bischof in einer Firmfeier provozierend unterlassen hat. Da fragt man sich wirklich: was soll das? Im Bezug auf die Liturgie war er sicher ein "Ästhet" nach dem Geschmack konservativer römischer Liturgen, aber das hat was mit seiner Persönlichkeit und Lebensart und seinen Lebens- und Liturgieerfahrungen zu tun. Und eine "ordentlich" gefeierte Liturgie erwarte ich heute auch von unseren Bischöfen. Das mag in den 80er Jahren etwas anders gewesen sein, aber aktuell erlebe ich keine “Eigenmächtigkeiten" bei unseren  Bischöfen, im Gegenteil. 

Bisher habe ich noch niemanden gefunden, der eine Expertise über die Theologie des Limburger Bischofs jenseits mancher Verlautbarungen und einzelner Predigten abgeben könnte und der sich mit seinen Fachbüchern wirklich auseinandergesetzt hat. Seine Doktorarbeit liegt unter dem Titel vor: “Der Erwachsenenkatechumenat in den Vereinigten Staaten von Amerika. Altenberge 1993. 629 S.”. Entsprechend hat er in der Folge im Bistum Münster das Erwachsenenkatechumenat bearbeitet und manche durch eine gewisse eigenwillige Überhöhung der dazugehörigen Riten manche auch “genervt”. Das lief aber eher unter "Lieblingsthema" denn unter "klassischer, konservativer Theologie". Er war dann der Herausgeber einer Festschrift für den – nicht gerade konservativen - Pastoraltheologen Dieter Emeis. Habilitiert hat er sich dann sechs Jahre später mit dem Thema: “Gemeinde in mobiler Gesellschaft. Kontexte - Kriterien - Konkretionen. Würzburg 1999. 815 S.” Er gilt als Ghostwriter eines kleinen Büchleins zur Zukunft der Pastoral im Bistum Münster, verantwortet noch von Bischof Lettmann. Aber das war das übliche Rezept mit Zusammenlegungen, Großgemeinden, Zielgruppenpastoral, angereichert mit allerlei Allgemeinplätzen, wie das bei so pastoralen Papieren gängig ist. Sturm gelaufen gegen diese Rezepte sind eher die traditionell gebundenen Katholiken, die auf die sonntägliche Messe in ihrer Kirche Wert legten und sich mit der Idee “geistlicher Hochorte” auf Kosten der Pastoral in der Fläche nicht recht anfreunden konnten. Nach seiner Weihe bevorzugte er bei allen "Auftritten" - im Gegensatz zu seinen Mitbischöfen den vollen bischöflichen Ornat. Aber ist das jetzt schon "konservativ"?


In meinem zweiten Beitrag vom 11. Oktober 2013 hatte ich durchaus Verständnis für das ein oder andere “Bauliche”, aber in der Summe bin ich dann zu der Überzeugung gekommen: der Bischof kommt um einen Rücktritt wohl nicht mehr herum (den er – wie wir jetzt wissen – im Gespräch mit dem Papst 14 Tage später wohl auch angeboten hatte). 


Als dann die “Kulisse” für das Bischofsdrama von der Lahn von den Unterstützern des Limburger Bischofs immer dunkler und schlechter geschrieben wurde, habe ich einen dritten Beitrag etwas “dagegen” geschrieben. Hier hatte ich kürzlich einen freundlichen Dialog mit einem der Autoren, die damals auf diese Weise den Bischof wieder hochschreiben wollten. 


Kann man die Episode Bischof Franz Peter und sein Bistum Limburg nun abschließen? Ich fürchte nicht. Sie hat erhebliche Verwerfungen zu Tage treten lassen. Zahlreiche Menschen sind getroffen, verletzt... Der Streit, ob die Medien überzogen haben oder nicht – er schwelt nach wie vor. Am Bischof von Limburg a.D. scheiden sich nach wie vor die Geister. Spätestens beim nächsten medienwirksamen Thema wird alles wieder da sein. Aber vermutlich gehören die notwendigen Auseinandersetzungen nicht mehr auf die Titelseiten der Zeitungen sondern eher in persönliche Gespräche und ins eigene Reflektieren. 

Vielleicht wäre es gut, wenn der “Richtungsstreit” in der Kirche jenseits der konkreten Situation in Limburg weiter diskutiert würde. Ob der Bischof nun noch für den bestellten BMW in Haftung zu nehmen ist oder nicht ... was trägt das noch zum Verständnis bei? Es hilft der Person Franz Peter Tebartz – van Elst nicht, wenn sich weiterhin viele hinter ihm versammeln und gegen die Front machen, die diesen skeptisch sehen. Nein, es beschädigt ihn. Wir sollten zeigen, dass Christen Fehler eingestehen können und einen neuen Anfang machen dürfen. Das gilt für den Bischof selbst, das gilt auch für viele Protagonisten in diesem Streit, mögen Sie nun Johannes Eltz, Michael Hesemann, Daniel Deckers, Martin Lohmann oder Markus Gehling heißen. Die Zeit ist reif dafür, die Karwoche steht vor der Tür...

Und der Bischof selbst? In einem Beitrag im Forum kreuzgang.org fällt ein hartes Urteil: “Ich meine wohl, in seiner Persönlichkeit ist angelegt ein großer Mangel an Selbstkritik und Kritikfähigkeit, ein Übermaß an Überzeugtsein von sich selbst und seinen Meinungen, gepaart mit einem großen Unvermögen, Kritik und kritische Töne, auch wohlwollende, in ihrer sachlichen Berechtigung wahrzunehmen und ggf. darauf zu reagieren. Nach außen kommt das als Arroganz und Beratungsresistenz heraus. Als arrogant galt TvE schon in Münster, noch als Priester. Seine abschließenden Stellungnahmen machen letztlich deutlich: Schuld sind immer die anderen, nicht er."

In seiner letzten Öffentlichen Stellungnahme entschuldigt sich Bischof Franz Peter Tebartz - van Elst und schließt mit den Worten: “Ich hoffe, dass es jenseits wechselseitiger Beschuldigungen und Verletzungen gelingt, aus der Distanz das Geschehene zu verstehen und Einsichten zu gewinnen, die zu einer Versöhnung führen können. Dafür werde ich beten, meine ganze Kraft einsetzen und bitte auch um das Gebet.”

Spannend wäre zu wissen, an wen er dabei zuerst denkt, an seine Gegner, das Domkapitel, die Journalisten? Es wäre gut, wenn er dabei vor allem an sich denkt. Und ich hoffe, dass die, die nun für ihn Verantwortung tragen (und damit meine ich auch alle, die ihn bis zum heutigen Tag schätzen und in Schutz nehmen), meinen es wirklich gut mit ihm und helfen ihm zur “Katharsis”, helfen ihm auf dem schmerzhaften Weg zur Selbsterkenntnis. Nein TvE ist nicht an allem schuld, ja, TvE ist schlecht und ungerecht behandelt worden... Und es gibt keinerlei Anlaß (mehr) über die Person schlecht zu sprechen. Der emeritierte Limburger Bischof ist ein Mensch mit vielen Stärken und – wie wir sehen konnten – mit Fehlern. Wichtig ist, dies mit den Augen Gottes anzusehen, der ihn (und uns) trotzdem annimmt. Noch überwiegt bei ihm offensichtlich das Gefühl unverstanden zu bleiben und ungerecht behandelt worde zu sein. Ich würde mir wünschen, dass er in einigen Wochen mit voller Überzeugung auf die Frage: “Wer ist Franz Peter Tebartz-van Elst?” die Antwort geben kann: “Ich bin ein Sünder, den der Herr angeschaut hat.”

Umso mehr sollten wir alle das tun, was Bischof Felix Genn uns empfohlen hat, für den Bischof, seine Familie und Freude und das Bistum Limburg zu beten. Und vielleicht auch dem Beispiel des Moderators auf kreuzgang.org folgen und den Diskussionsstrang endgültig schließen. Keine weiteren Beiträge mehr möglich! Ich für meine Teil verspreche das hiermit feierlich!

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